Slovenia - Austria
HISTORISCHE & MUSIKALISCHE BEZIEHUNGEN
Slowenien kann ebenso wie Österreich auf eine jahrhundertelange Musiktradition zurückblicken. Die slowenischen Komponisten des 20. Jh. erfreuten sich besonders nach Ende des Zweiten Weltkriegs zunehmender Bekanntheit im Ausland. Ihr Beitrag zur europäischen Musikkultur erfolgte auf zweierlei Weise. Einige Komponisten emigrierten zu Ausbildungs- und Arbeitszwecken ins Ausland, andere nahmen an den Entwicklungen der westeuropäischen Musik teil und integrierten deren Neuerungen in ihr kompositorische Schaffen.[1]
Folgender Bericht soll einen Ausschnitt der Wechselbeziehungen zwischen Österreich und Slowenien anhand ausgewählter Vertreter beider Länder und deren Bedeutung für die Musiklandschaft ihrer Herkunftsländer darstellen.
Die frühesten Spuren der eingangs erwähnten musikalischen Emigration reichen bis Mitte des 15. Jh. zurück. Der in Ljubljana geborene Jurij Slatkonja (1456- 1522) war Wiener Bischof und Kapellmeister der Kapelle von Kaiser Maximilian I. Es wird vermutet, dass auch einstimmige Lieder auf ihn zurückzuführen sind. Als Dirigent und künstlerischer Leiter verhalf er der Kapelle innerhalb Mitteleuropas zu Bekanntheit und trug so zur Pflege der mitteleuropäischen Musikkultur bei.[2]
Als nächster Vertreter sei der Renaissance- Komponist Jacobus Gallus genannt, dessen Werke mit den Kompositionen der venezianischen Schule verwandt sind.[3] Über die Jugend Jacobus Gallus (*3. Juli 1550 in Reifniz/Unterkrain, + 18 Juli 1591 in Prag) und vor allem über seinen musikalischen Werdegang ist uns wenig überliefert. Nachdem er seine Heimat verlassen hatte, verweilte er im niederösterreichischen Stift Melk, wo er einige Jahre mit dem Singmeister L. de Sayve kooperierte. Dort entstand auch Gallus 4. Messebuch, welches er Johannes Rueff, dem Abt von Zwettel, widmete. Dieser bat ihn nicht nur um diese Komposition, sondern regte auch die Entstehung seines lucubratiuncularum an.[4] Anschließend wurde er Mitglied der Hofkapelle (1574/75) in Wien.[5]
Ein Zeitgenosse Gallus und weiterer Vertreter einer musikbezogenen Emigration war Matej aus Celje, einer der wichtigsten Bassisten seiner Zeit und Sänger der Wiener Hofkapelle in den Jahren 1567-1580. Weitere Komponisten, deren Schaffen in Österreich Früchte trug, waren Daniel Lagkhner, der als Organist beim Baron Losenstein in Niederösterreich tätig war, Krstnik Dolar, der die musikalische Tätigkeit in der Jesuitenkirche am Hof in Wien leitete und Jurij Prenner, dem ersten Komponisten mit dem Beinamen Carniolus, der Anfang des 16. Jahrhunderts in Prag und Wien wirkte.[5]
Im Zuge einer auf eine Emanzipation der slowenischen Musik ausgerichteten Nationalbewegung kam es zur Förderung der Musikproduktion und Gründung mehrerer Chorvereine, der Dramatischen Gesellschaft (1867), und der Glasbena Matica (1872) in Liubljana. Aus dieser Zeit stammte der Komponist Benjamin Ipavec.[6] Der naturwissenschaftlich und musikalisch begabte Benjamin Ipavec (*24. Dez. 1829 in Sentjur bei Celje, Slovenien) studierte in den 1850er Jahren zunächst Medizin in Graz und zeitgleich Kontrapunkt und Orchestration bei Wilhelm Mayer (W.A Rémy). Ebenfalls in Graz erfolgte die Leitung des Chores der Gesellschaft Slovenija, bevor er bis 1858 nach Wien ging und dort verblieb. Nach seiner Tätigkeit als Assistenzarzt am Landeskrankenhaus in Graz (1858- 1865) leitete er anschließend eine eigene Praxis (1865- 1871) und war schließlich als Chefarzt an der Kinderklinik ,Hl. Anna‘ (1871-1898) tätig. Er verstarb am 20. Dez. 1909 in Graz.[7]
Ipavec zählte gegen Ende des 19. Jh. zu den wichtigsten slowenischen romantischen Komponisten. Die Entwicklung des Liedes erreichte unter ihm seinen Höhepunkt. Während die frühen Lieder deutsche Texte vertonen, bezieht Ivapec für sein späteres Liedschaffen ausschließlich slowenische Texte. Seine lyrische Oper Teharski gilt als erste slowenische historische Oper. [8]
Der Komponist und Dirigent Emil Nikolaus (Joseph) Reznicek (*4. Mai 1860 in Wien, +2. August 1945 in Berlin) verbrachte den Großteil seiner Kindheit in Wien, bevor er 1874 nach Graz übersiedelte und ersten Tonsatzunterricht erhielt. Von 1876-1878 besuchte er das Gymnasium in Marburg, wo er 1878 maturierte. Ein Jahr zuvor entstand sein Stück Chor für die Schulabschlußfeier des Gymnasiums in Marburg an der Drau für gemischten Chor und Orchester.[9] Parallel zu seinem Jurastudium in Graz war er auch seit 1878 Schüler von Wilhelm Mayer. Nach seinem Klavierstudium in Leipzig zog es ihn erneut nach Graz, wo er als Korrepetitor tätig war. [10]
Die Wiener Klassik hinterließ auch in Slowenien ihre Spuren. 1794 kam es zur Gründung der Ljubljaner Philharmonischen Gesellschaft. Die Ernennung bedeutender Komponisten zu Ehrenmitgliedern förderte den Kulturaustausch beider Länder. Mozart, der seiner Ernennung nicht beiwohnen konnte, wurde von seinem Sohn vertreten, als dieser (1820) in Ljubljana verweilte. Neben Mozart wurde diese Ehre noch Haydn (1800), Beethoven (1819) Paganini (1824) und später Brahms zuteil. 1836 wurde auch der der österreichische Komponist und Musikkritiker Anselm Hüttenbrenner in ihre Mitgliederreihen aufgenommen.
Im Zusammenhang mit der Geschichte und Entwicklungen heimischer Musikinstitutionen darf auch der artistische Direktor Wilhelm Kienzl (*17. Jänner 1857 in Waizenkirchen, + 03. Oktober 1941 in Wien) nicht vergessen werden. Der spätere Bürgermeister von Graz, Wilhelm Kienzl, war sehr um die musikalische Ausbildung seines Sohnes bemüht.
Seine Kompositionsklassen bei Wilhelm Mayer-Rémy im Musikverein ergänzte Kienzl durch Musikgeschichtevorlesungen bei Friedrich von Hausegger an der Grazer Universität. In den Jahren 1886 bis 1890 hatte er die Direktorenstelle im Musikverein für Steiermark in Graz inne. Durch die Eröffnung der ersten Klavierklasse (1888) legte er den Grundstein für den Hauptfachunterricht in Klavier. Wie auch Anselm Hüttenbrenner war er Mitglied der Ljubljaner Philharmonischen Gesellschaft. [11]
Der Komponist und Musikkritiker Hugo Wolf (*13. März 1860 in Windischgraz, heute Slowenien, + 22. Februar 1903 in Wien) stammt aus einer Familie, deren Vorfahren aus den benachbarten Grenzräumen von slowenischen, italienischen und deutschösterreichischen Siedlungsgebieten stammten (Südsteiermark, Kanaltal, Ostkärnten). Als Mitglied einer deutschösterreichischen Minderheit waren die deutschnational-antiklerikale Einstellung des Vaters prägend. Nach Abschluss der Volksschule in Windischgraz erhielt er im Steiermärkischen Musikverein Violinunterricht bei Ferdinand Caspar und Klavierunterricht bei Johann Buwa. Sein Vorhaben das Gymnasium in Graz zu besuchen scheiterte nach nur einem Semester an seinen unzureichenden Leistungen.[12] Als wichtiger Vertreter der Spätromantik gilt Wolf als einer der bedeutendsten Komponisten nach F. Schubert.
Zu den herausragenden Musikerpersönlichkeiten des 20. Jahrhundert zählt zweifellos Lucijan Marija Škerjanc (*17. Dez. 1900 in Graz, + 27. Feb. 1973 in Ljubljana). Der slowenische Komponist, Dirigent, Musikpädagoge und Musikkritiker studierte nicht nur in seinem Geburtsort, sondern auch am Prager Konservatorium sowie an der Wiener Staatsakademie für Musik und darstellende Kunst (Komposition bei Joseph Marx und Klavier bei Anton Trost). Von den 1920er bis in die 1970er Jahre gelangte er aufgrund seiner Produktivität und einem ansehnlichen Kreis an Schülern zu großem Einfluss.[13] Sein eher traditionell orientiertes Schaffen vereint spätromantische Einflüsse mit impressionistischen Elementen.[14]
Der österreichische Komponist Walter Kainz (*1907 in Dobl bei Graz, + 1994 in Söding) machte sich als Leiter und (Musik-)Lehrer diverser Institutionen im Bildungssektor einen Namen. Die Pflege regionaler Musik und Volkkultur war ihm ein persönliches Anliegen. Unter dem Titel „Volksdichtung im Kainachtal“ publizierte er 1936 von ihm gesammelte Sagen, Märchen und Schwänke. Von 1941 bis 1944 arbeitete Walter Kainz als Hauptschullehrer in Schönstein (heute Sostanj in Slowenien). Dort gründete er eine Musikschule und war deren Leiter.[15] Seine Leistungen wurden zwei Mal mit dem Joseph-Marx Preis ausgezeichnet. 1979 erhielt er das „Goldene Ehrenzeichen des Landes Steiermark“.
[1] Vgl. Andrej Rijavec, Slowenische Komponisten des 20. Jahrhunderts, Ljubljana – Köln 1975, S. 2.
[2] Ivan KlemenČiČ, Slowenische Musik zwischen dem Europäischen und dem Originellen, S. 273.
[3] Vgl. Andrej Rijavec, Slowenische Komponisten des 20. Jahrhunderts, Ljubljana – Köln 1975, S. 6
[4] Vgl. MGG, Jacobus Gallus, Spalte 474.
[5] Vgl. Austria-Forum, Stand 25. März 2016.
[6] Vgl. Andrej Rijavec, Slowenische Komponisten des 20. Jahrhunderts, Ljubljana – Köln S. 10.
[7] Vgl. MGG, Benjamin Ipavec, Spalte 658.
[8] Ebda. 659.
[9] Vgl. Jeanette Gonsior, Emil Nikolaus (Joseph) Reznicek, Akademie der Künste.
[10] Vgl. MGG, Emil Nikolaus (Joseph) Reznicek, Spalte 1609.
[11] Vgl. Mona Silli, Chronik des Johann-Joseph-Fux Konservatoriums, Diss, Kunstuniversität in Graz 2009, S. 45ff.
[12] Vgl. MGG, Hugo Wolf, Spalte 1075.
[13] Vgl. MGG, Lucijan Marija Škerjanc, Spalte 878.
[14] Vgl. Andrej Rijavec, Slowenische Komponisten des 20. Jahrhunderts, Ljubljana – Köln 1975, S. 14.
[15] Vgl. Heinz Zechner, Walter Kainz (1907 – 1994), S. 3.